Obernburg, 13. Oktober 2004

„Vorfahrt für Familien und Frauen“

FDP-Bundestagsabgeordnete sprach in Obernburg über das liberale Einkommensteuer- und Gesundheitskonzept

„Guido Westerwelle spricht so gut wie nie von der Familie und ihren Problemen“ kritisierte Ina Lenke, FDP-Bundestagsabgeordnete aus dem niedersächsischen Verden, als sie am Mittwochabend beim FDP-Kreisverband und bei den Jungen Liberalen in Obernburg zu Gast war. Und als Kritik wollte sie das auch durchaus verstanden wissen: „Wir sollten offensiv die Familienpolitik der FDP vortragen, denn die ist gut!“ sagte Lenke, die auch Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen ist. Mit viel Elan und sehr sympathisch erläuterte die Mittfünfzigerin das neue Einkommenssteuer- und Gesundheits-Konzept der Liberalen. Sie ist seit Jahrzehnten auch in Gemeinderat und Kreisrat aktiv und betont: „Es ist ganz wichtig, dass wir als Abgeordnete in Berlin merken, wie unsere Gesetze unten ankommen.“ Mit aussagekräftigen Folien verdeutlichte sie die demographischen Probleme Deutschlands in den nächsten Jahrzehnten und machte klar, dass eines unverzichtbar ist: eine steigende Politisierung der Frauen: „Die Frauen müssen den Verantwortlichen mehr Feuer unter dem Hintern machen, wenn es z.B. um ausreichend Krippenplätze geht.“ Dass bürokratische Regularien und der „überregulierte, subventionierte Markt“ es privaten Anbietern sehr schwer macht, mit ihren Angeboten mit den kommunalen Anbietern zu konkurrieren, beklagte Lenke und formulierte: „Erst die Vielfalt und der Wettbewerb sorgen dafür, dass die Qualität besser wird und die Kindergärten und Horte beispielsweise nicht Mittag mit Glockenschlag 12 schließen.“

Fünf zentrale Forderungen weist das neue FDP-Konzept auf, an dem Ina Lenke entscheidend „mitgestrickt“ hat. Steuerfreibeträge für jedes Kind in derselben Höhe wie für Erwachsene werden da gefordert, also ein Grundfreibetrag pro Kind von 7 700 Euro. Die Vorteile, so Lenke: Familien würden deutlich entlastet und die Entlastung sei bei Familien mit hohem Einkommen nicht größer als bei denen mit geringerem. Tagesmütter und Haushaltshilfe müssten bis zur Höhe von 12 000 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden. Lenke: „Lange wurde das als ‚Dienstmädchenprivileg’ verteufelt, inzwischen hat auch SPD erkannt, dass das sinnvoll ist.“ Das sei auch „ein attraktiver Weg aus der massenhaften Schwarzarbeit.“ Psychologisch wichtig für Mütter, die wieder in den Beruf einsteigen wollen: Die FDP will die Steuerklasse fünf abschaffen. Damit würden Frauen nicht durch hohe Abzüge demotiviert und außerdem sei das angesichts des wachsenden Fachkräftemangels auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiges „volkswirtschaftliches Steuerungssignal“. Auch in der Krankenversicherung sollen Familien und Kassen nach dem Willen der Liberalen entlastet werden. Männer und Frauen sollen beim Basistarif gleich kalkuliert werden und die Kosten für Mutterschaft und Geburt müssten gesamtgesellschaftlich über Steuern finanziert und dürften nicht allein den Frauen und den gesetzlich Versicherten aufgebürdet werden. Der wichtigste Punkt im Konzept, der auch von Ina Lenke kämpferisch betont wurde: Es sollen Kinder statt Ehen gefördert werden. Allerdings ist die Abgeordnete skeptisch, ob es gelingt, die Forderung durchzusetzen, die Kreisrat Dr. Heinz Linduschka erhob: „Wir müssen endlich das Ehegattensplitting durch das Familiensplitting ersetzen.“ Lenke: „Das wäre schön, aber leider ist das Ehegattensplitting bei allen Fraktionen, auch bei uns, noch eine heilige Kuh. Aber ich bin sicher, das muss und wird sich ändern.“

Viel Unterstützung erhielt die Referentin in der Diskussion, unter anderem vom Fachsprecher für Sozialpolitik des Bezirks Unterfranken M.M., der sich vehement für die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf aussprach, und auch vom Kreisvorsitzenden Steffen Scholz, der forderte, die FDP müsse sich noch stärker für die breite Masse einsetzen, und formulierte, die beste Familienpolitik sei eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik.